Einführung in die Thematik
Im Rahmen von Neubauvorhaben sowie beim Bauen im Bestand nimmt die Disziplin der Bauphysik je nach Komplexitiät und Nutzung des geplanten Gebäudes, einen immer höheren Stellenwert ein. Geplante Baukonstruktionen werden unter Berücksichtigung einer stetig wachsenden Palette an Bauprodukten immer vielseitiger. Nicht zuletzt sind es die energetischen Anforderungen an Baukörper, die Planer und Bauherren zunehmend vor Herausforderungen stellen. Ziel dieses Kompendiums ist es, insbesondere das Thema Wärmebrücken als komplexe Teildisziplin der Bauphysik näher zu betrachten.
Zu einem guten baulichen Wärmeschutz gehören nicht nur hochwärmedämmende Bauteile, sondern auch entsprechende Bauteilanschlüsse. Im Bereich dieser Anschlusssituationen sind zusätzliche Wärmeabflüsse und niedrigere raumseitige Bauteiloberflächentemperaturen während der Heizperiode zu erwarten. Zusätzliche Heizenergieverbräuche und die Möglichkeit der Tauwasser- und/oder Schimmelpilzbildung sind die Folge. Dabei ist zu beachten, dass sich der vorgenannte Wärmebrückeneffekt bei hochwärmedämmenden Bauteilen wesentlich stärker auswirken kann als bei Bauteilen mit geringem Wärmeschutz. Grund dafür ist der verhältnismäßig hohe Wärmedurchgang im Vergleich zum ungestörten Bauteilquerschnitt. Bei innen gedämmten Konstruktionen kann der Wärmebrückeneinfluss aufgrund der Vielzahl an Anschlusssituationen bis zu einem Drittel des gesamten Transmissionswärmeverlustes betragen.
Definitionen
Am Anfang einer Thematik sollten einige normkonforme Definitionen dargestellt werden, mit der Zielsetzung, eine klare Verständlichkeit zu erreichen. Die wichtigsten wärmetechnischen Rechengrößen im Zusammenhang mit der Berechnung und Simulation von Wärmebrücken werden nachfolgend erläutert:
Wärmeleitfähigkeit
Die Wärmeleitfähigkeit gibt an, welche Wärmemenge Q innerhalb einer Stunde bei einer Temperaturdifferenz von 1 Kelvin durch eine 1 m dicke Schicht eines Stoffes über eine Fläche von 1 m² übertragen wird. Grundsätzlich kann ausgesagt werden, dass die Wärmeleitfähigkeit im Wesentlichen von der Rohdichte abhängig ist. Je größer die Rohdichte des betrachteten Stoffes, desto größer ist die Wärmeleitfähigkeit.
Entgegen dieses Grundsatzes kann es bei manchen Stoffen aufgrund von Konvektion oder Wärmestrahlung in offenporigen Strukturen trotz geringer Rohdichte zu erhöhtem Wärmedurchgang kommen. Weiterhin ist der Feuchtegehalt eines Stoffes ein wichtiger Faktor für die Wärmeleitfähigkeit. Hier gilt: Je größer der Feuchtegehalt (Masseprozent), desto größer ist die Wärmeleitfähigkeit. Bemessungswerte der Wärmeleitfähigkeit von ausgewählten Bau- und Dämmstoffen nach DIN V 4108-04 und DIN EN 12524 können exemplarisch der aufgeführten Tabelle entnommen werden:
Baustoff |
Rohdichte in [kg/m3] |
Bemessungswert Wärmeleitfähigkeit in [W/(m*K)] |
Putze, Mörtel, Estriche Putzmörtel aus Kalk, Kalkzement und hydraul. Kalk Zementestrich Gipsputz ohne Zuschlag |
1800 2000 1200 |
1,0 1,4 0,51 |
Betone Normalbeton Stahlbeton Leichtbeton & Stahlleichtbeton |
2200 – 2400 2000 – 2600 800 – 2000 |
1,6 – 2,1 2,3 0,51 |
Bauplatten Wandbauplatten aus Gips Gipskartonplatten Porenbetonbauplatten |
750 – 1200 800 400 – 800 |
0,35 – 0,58 0,25 0,20 – 0,29 |
Mauerwerk Vollklinker, Hochlochklinker, Keramikklinker Hochlochziegel mit Lochung A & B Vollziegel, Hochlochziegel & Füllziegel Kalksandsteinmauerwerk |
1800 – 2400 550 – 1000 1200 – 2400 1000 – 2200 |
0,81 – 1,4 0,27 – 0,45 0,50 – 1,4 0,50 – 1,3 |
Holz- & Holzwerkstoffe Fichte, Kiefer, Tanne (Nadelholz) Buche, Eiche (Laubholz massiv) Holzspan-Flachpressplatten (OSB-Platten) Sperrholz |
600 800 700 800 |
0,13 0,20 0,13 0,15 |
Abdichtungstoffe & Beläge Kunststoffbeläge Bitumendachbahnen & nackte Bitumenbahnen |
1500 1200 |
0,23 0,17 |
Wärmedämmstoffe Mineralwolleplatten Holzwolle-Leichtbauplatten Expandierters Polystysrol (EPS) Extrudiertes Polystyrol (XPS) Polyurethan Hartschaum (PUR) Holzfaserdämmplatten (DIN 68755) Schaumglas (DIN 18174) Aerogel – Mattenware Vakuum-Isolations-Paneele (VIP) |
8 – 500 360 – 460 25 25 25 120 – 450 100 – 200 150 25 |
0,031 – 0,050 0,065 – 0,090 0,030 – 0,040 0,026 – 0,040 0,023 – 0,040 0,040 – 0,070 0,045 – 0,060 0,015 – 0,021 0,007 |
Sonstige, gebräuchliche Stoffe Glas Stahl Aluminium Luft |
2500 7000 2500 1,2 |
0,80 15 - 60 230 0,24 |
Wärmeübergang
Wärmeaustausch zwischen der Luft und einer angrenzenden festen Oberfläche bezeichnet man als Wärmeübergang. Dieser Wärmeübergang wird im Rahmen von wärmeschutztechnischen Berechnungen gemäß DIN EN ISO 6946 durch den Wärmeübergangswiderstand Rs definiert. Werte für den inneren Wärmeübergangswiderstand Rsi und den äußeren Wärmeübergangswiderstand Rse sind in der folgenden Tabelle angegeben, wobei insbesondere bei Wärmebrückensimulationen die normativen Werte der DIN 4108-02 maßgebend sind:
|
Rsi in [m2*K/W]
|
Rse in [m2*K/W] |
gem. DIN EN ISO 6946 für wärmeschutztechnische Berechnungen: |
||
Wärmestrom nach oben |
0,10 |
0,04 |
Wärmestrom horizontal |
0,13 |
0,04 |
Wärmestrom nach unten |
0,17 |
0,04 |
gem. DIN 4108-02 für Berechnungen zum Tauwasserausfall an Bauteiloberflächen: |
||
Beheizte Räume |
0,25 |
0,04 |
Unbeheizte Räume |
0,17 |
0,04 |
Verglasung/Rahmen (abw. gem. DIN EN ISO 13788) |
0,13 |
0,04 |
gem. DIN 4108-03 für stationäre Verfahren zur Berechnung von Diffusionsvorgängen nach Glaser: |
||
Wärmestrom horizontal/nach oben & Dachschrägen |
0,13 |
0,04 |
Wärmestrom nach unten |
0,17 |
0,04 |
Belüftete Luftschichten (Außenoberfläche) |
0,13/0,17 |
0,08 |
Zweischaliges Mauerwerk (gem. DIN 1053-01) |
0,13/0,17 |
0,04 |
Unabhängig von den oben aufgeführten, normativen Vorgaben ist der äußere Wärmeübergangswiderstand bei Schichten, die an Erdreich angrenzen, grundsätzlich Rse= 0,00 [m2*K/W].
Wärmedurchlasswiderstand
Der Vorgang der Transmission in einer beliebigen Bauteilschicht wird allgemein als Wärmedurchgang bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird der Wärmedurchlasswiderstand R einer Baustoff- bzw. Luftschicht auf einer Referenzfläche von 1 m² bei einer Temperaturdifferenz von 1 Kelvin zwischen der inneren und äußeren Oberfläche des Bauteils betrachtet. Je größer dieser Wärmedurchlasswiderstand R ist, desto besser ist die wärmedämmende Wirkung des Bauteils. Die Widerstandszahl ist der Quotient aus der Dicke d und der Wärmeleitfähigkeit λ des Bauteils.
Zur Bestimmung des Wärmedurchlasswiderstandes Rg einer Luftschicht oder eines Luftraumes Ru stellt die DIN EN ISO 6946 abhängig von der Geometrie der betrachteten Schicht und dem Emissionsgrad der Oberflächen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Im Rahmen von Simulationen bzw. Berechnungen von Wärmebrücken sind diese in Abhängigkeit der betrachteten Konstruktion entsprechend anzuwenden.
Wärmebrücke
Gemäß DIN EN ISO 10211-1 sind Wärmebrücken: "Teil einer Gebäudehülle, wo der ansonsten normal zum Bauteil auftretende Wärmestrom deutlich verändert wird durch eine volle oder teilweise Durchdringung der Gebäudehülle durch Baustoffe mit unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit; einen Wechsel in der Dicke der Bauteile oder eine unterschiedlich große Innen- und Außenoberfläche"
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